Die Kunst des Zigarrendrehens ist in den karibischen Ländern seit Jahrhunderten bekannt und wurde immer weiter perfektioniert. Eine Zigarrenfabrik von heute unterscheidet sich nur wenig von einer des 18. oder 19. Jahrhunderts. Noch immer werden Premiumzigarren ausschließlich von Hand hergestellt.
Einige wenige Marken und Formate ausgenommen, werden Habanos fast ausschließlich von Hand gefertigt und ihre Einlage setzt sich aus ganzen, ungeschnittenen Blättern zusammen. Das sind die klassischen Havanna-Zigarren mit den Qualitätskriterien Habanos – Totalmente a mano.
Dasselbe gilt für Premiumzigarren anderer Herkunftsländer. Nur die USA verfügen über keine nennenswerten handgemachten Zigarren. Im folgendem wird nur die Herstellung von Premiumzigarren anhand von Habanos beschrieben.
Vorbereitung
Befeuchtung und Belüftung
Nach der Reifelagerung werden die empfindlichen Deckblätter („Capa“) in Bündeln von 40 oder 50 Blättern durch feines Besprühen mit Wasser angefeuchtet. Ziel dieses Verfahrens ist es, dem Blatt wieder sein seidiges und gleichförmiges Aussehen sowie seine Elastizität zu verleihen.
Danach werden sie in Rahmen gehängt und anschließend in Kammern gebracht, in denen eine kontrollierte relative Temperatur und Feuchtigkeit herrscht. Sie werden so lange gelüftet, bis die Feuchtigkeit gleichmäßig absorbiert ist.
Entrippen und Sortierung der Deckblätter
Mit einem sicheren Griff wird die Hauptrippe(despalillo) jedes Deckblatts entfernt und dadurch die Pflanze für die Sortierung in zwei Hälften getrennt.
Der „Rezagador“ gruppiert die Deckblätter in 20 definierte Größen und Schattierungen.
Da in dieser Abteilung sehr viele Frauen arbeiten, entstand der volkstümliche Mythos, dass die besten Habanos auf den nackten Schenkeln einer Jungfrau gerollt werden.
Tatsache ist, dass das Rollen von Zigarren jahrelanger Erfahrung bedarf und daher von jungen Mädchen kaum bewerkstelligt werden kann.
Die Barajita
Die Blätter für Einlage und Umblatt werden sorgfältig aus ihren Behältern (pacas) genommen und geprüft. Wenn notwendig, werden sie gelüftet, um die überschüssige Feuchtigkeit zu entziehen.
Die Abteilung, in der die „Ligadas“ (die Tabakmischungen) zusammengestellt werden, bezeichnet man als “La Barajita”, da dieser Prozess der Zusammenstellung zu Blattgruppen wie das Mischen eines Kartenspiels aussieht. Es gehört in den Verantwortungsbereich des Maestro Ligador (Mischmeister), von dem täglich verwendeten Tabak eine Geschmacksprobe zu entnehmen. Er kennt die Mischung jeder Marke und Vitola, er ist der Hüter der Konsistenz. Der Ligador stellt Lose in genauen Proportionen her und übergibt sie täglich den Torcedores, damit sie ihrer Arbeit nachgehen können.
Drei Jahre
nachdem das erste Blatt geerntet wurde, kommt endlich der Moment, in dem die Blätter zu einer Habano werden.La Galera de Torcido
In Kuba wird die komplette Zigarre (alle Arbeitsvorgänge) von ein und derselben Person hergestellt, in anderen Ländern wird oft in zweier oder dreier Teams gearbeitet
Diese Zigarrenroller nennt man Torcedores. Es gibt vier verschiedene Kategorien der Torcedores in Kuba und nur der der höchsten Kategorie darf die größeren und schwierig zu fertigenden Habanos fertigen. Von den komplizierteren Vitolas (Formaten) werden am Tag lediglich 60 Stück von einem Torcedor gerollt.
Die Galera ist das Herzstück der Manufaktur. Hier stellen die Torcedores die verschiedenen Marken und Vitolas (Formate) der Habanos her. Die einzigen Werkzeuge bei der manuellen Herstellung einer Zigarre sind:
- ein Brett (tabla)
- ein Messer (chaveta)
- eine Guillotine
- ein Topf mit Targant (natürlicher Klebstoff)
- eine Messlehre (cepo)
- eine Hülse (casquillo)
Wichtig sind vor allem erfahrenen Hände, die von keiner Maschine ersetzt werden können. Die meisten Torcedores sind Frauen. Wahrscheinlich ist dies das einzige, das sich bei dieser traditionellen Herstellung von Zigarren in Handarbeit geändert hat, wo viele Jahre Erfahrung notwendig sind, um Spitzenklasse zu erlangen.
Im Jahre 1865 wurde vorgeschlagen, dass die Torcedores ihrer Arbeit lieber nachgehen würden, wenn während der Arbeit vorgelesen wird.
Damit wurde der Vorleser geschaffen. Einige der in den Fabriken vorgelesenen Werke wie „Romeo und Julia“ und „Der Graf von Montecristo“ wurden so populär, dass man danach Marken von Habanos benannte. Heute werden vor allem die aktuellen Zeitungen vorgelesen.
Die Kunst der Torcedores
Es gibt vier Kategorien von Zigarrenrollern, und nur die wenigen aus der höchsten Kategorie dürfen auch die größeren und komplizierteren (z.B. Figurados) Habanosformate anfertigen.
Man braucht viele Jahre, um den Gipfel dieser traditionellen Kunst zu erreichen, bei der sich im Verlauf der Zeit nur eines geändert hat: Inzwischen sind es meist Frauen (Torcedoras), die die Zigarren herstellen.
Es ist alte Tradition, dass ein Vorleser (Lector) die Zigarrenroller bei ihrer Arbeit durch Vorlesen unterhält; er liest dabei je nach Wunsch der Arbeiter sowohl aus der Zeitung oder auch aus Büchern (im 19. Jahrhundert beispielsweise sehr beliebt: Alexandre Dumas, Der Graf von Monte Cristo) vor.
Zuerst legt die Zigarrenrollerin die zwei, manchmal auch drei Blattteile, die sie als Umblatt (Capote) verwenden will, vor sich hin und zwar so, dass die Rückseite des Blattes (dort, wo die Adern stärker hervorstehen) beim Rollen der Zigarre auf die Innenseite gelangen.
Anschließend gruppiert sie die Einlageblätter (Tripa), indem sie jedes der meist drei Blätter so zusammenfaltet und anordnet, dass ein ungehinderter Rauchdurchgang in der fertigen Zigarre gewährleistet ist. Alle Blätter werden mit den Enden des Blattes (die weniger stark schmecken) in Richtung zu der zu entzündenden Zigarrenspitze hin gelegt. So wird der Geschmack im Verlaufe des Rauchens intensiver. Das Blatt mit dem stärksten Geschmack und dem langsamsten Abbrand (Ligero) wird immer inmitten der anderen Blätter angeordnet.
Jetzt formt die Zigarrenrollerin den Wickel (Bonche), indem sie die Einlage mit den Umblättern umrollt, entsprechend des genau vorgeschriebenen Durchmessers des Zigarrenformats, das sie gerade herstellt. Mit dem Rollen beginnt sie an der späteren Zigarrenspitze; sie muss dabei die Einlage an allen Punkten gleichmäßig zusammengedrückt halten. Der Kopf des Wickels wird mittels der Guillotine abgeschnitten.
Nach der Fertigstellung wird jeder Zigarrenwickel für mindestens 30 Minuten in einen Wickelpressstock gelegt, um ihn in eine gleichmäßige Form zu bringen.
Anschließend bereitet die Zigarrenrollerin aus der Hälfte eines Blattes ihr Deckblatt (Capa) vor, das sie ein wenig anfeuchtet, damit es sich genau der Form des Wickels anpasst. Sie legt auch dieses Blatt mit der Seite, auf der die Adern hervorstehen nach oben auf das Brett, damit die andere, makellose Seite später die äußere Hülle der Zigarre bildet.
Mit einem leichten Schnitt der Klinge (Chaveta) beschneidet sie das Deckblatt, wobei sie besonders auf den später auf der Zigarre sichtbaren Randverlauf achtet.
Der Wickel wird auf das Deckblatt gelegt und darin eingewickelt, wobei die Spitze des Deckblattes an die Zigarrenspitze (la Boquilla, den Fuß der Zigarre) kommt. Während der Wickel vom Deckblatt eingehüllt wird, dehnen und richten die Fingerspitzen das Blatt mit großer Geschicklichkeit passend aus. Das Dehnen des Blattes muss perfekt erfolgen.
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Danach wird für das Käppchen der Zigarre (la Perilla) ein Teil (die sogenannte Fahne) vom übrigen Deckblatt abgeschnitten. Dieser wird um den Kopf gewickelt, um das offene Ende zu schließen und den festen Sitz des Deckblattes zu sichern.
Anschließend wird mit der Hülse (Casquillo) ein kleines rundes Stück aus dem Deckblatt herausgeschnitten und mit dem farb- und geruchlosen pflanzlichen Klebstoff (Goma) über die Fahne geklebt.
Zuletzt wird die Zigarre mit der Guillotine auf die richtige Länge gebracht. Die Arbeit des Rollens ist damit vollendet.
An einem Tag kann ein guter Zigarrenroller auf diese Art zwischen 60 und 200 Habanos anfertigen – natürlich abhängig von der Größe und dem Schwierigkeitsgrad ihrer Formate.
Nach der Vorbereitung des Deckblattes wird der „Bonche“ darauf gelegt und in das Deckblatt gewickelt. Mit großem Geschick wird das Deckblatt gedehnt, um ein einwandfreies Aussehen zu erhalten. Nur das Ende wird mit Targant verklebt.
Schließlich werden „Gorro“ (Kappe) aufgesetzt und die Zigarre mit der Guillotine auf das gewünschte Maß zugeschnitten.
Qualitätskontrolle
Bei der Herstellung einer Habano in Handarbeit werden strenge Qualitätskontrollen angewandt. Zigarren, die durchfallen, werden nie als Habanos in den Handel kommen.
Der Jefe de Galera überwacht die Arbeit der Torcedores. Gleichzeitig sind best qualifizierte Torcedores für die Überwachung der Brigaden von 30 bis 40 Arbeiterinnen und Arbeitern zuständig. Beobachtet werden Technik und Formate der gefertigten Zigarren.
Fertige Zigarren werden zu Bündeln à 50 Stück, Media Ruedas genannt, zusammen gebunden und mit der Nummer des zuständigen Torcedors, des Zigarrentyps und dem Herstellungsdatum versehen. Die Bündel werden von den „Galeras“ in die Abteilung Qualitätskontrolle gebracht, wo Techniker die Zigarren auf ihr Gewicht, Länge, Dicke, Konsistenz, Herstellung und äusseres Erscheinungsbild prüfen, insbesondere wie gut das Deckblatt gedehnt und das Kopfstück (perilla) montiert ist.
Von der fertig gestellten Ware werden Stichproben entnommen. Die Zigarren werden geöffnet, um den Innenaufbau und die Einlage zu prüfen. „Neueste“ Errungenschaft in der Qualitätskontrolle ist die Zugwiderstandsmaschine (máquina de tiro).
Diese Maschine wird zur Prüfung des Rauchkanals der “Bonches” eingesetzt, bevor das Deckblatt umwickelt wird. Das System wurde Ende 2001 eingeführt und wird heute in allen Tabakfabriken in Kuba eingesetzt.
Weitere Qualitätskontrollen finden bei der Farbsortierung und beim Versiegeln der Zigarrenkisten statt. Außerdem hat jede Fabrik ein Team von Testern („Catadores“), das die Zigarren kostet und nach einem 6-Punkt-Verfahren nach Zug, Brand, Aroma, Geschmack, Stärke und Gesamteindruck beurteilt. Jeweils 3 bis 5 Zigarren werden pro Sitzung des Teams getestet. Wird eine Abweichung von der üblichen Qualität festgestellt, werden Adjustierungen der Tabakmischverhältnisse angeordnet.
Escparate
Sobald die Fertigung beendet ist und noch bevor die Zigarren in Kisten verpackt werden, werden sie gruppiert nach Marken und Vitolas in das „Escaparate“ (Schauraum) gestellt. Man lässt sie dort in mit Zedernholz ausgekleideten Fächern ruhen, um die überschüssige Feuchtigkeit zu entfernen, die sie während der Fertigung aufgenommen haben.
Je länger sie hier bleiben, umso besser. Die Temperatur liegt bei 16 bis 18 Grad Celsius mit einer relativen Feuchtigkeit zwischen 65 und 70 Prozent. Diese Umgebung ist frischer und trockener als das in Cuba übliche Klima. Das Escaparate wird häufig auch Schatzkammer genannt, weil es der Ort ist, in dem der Reichtum der Fabrik aufbewahrt wird.
Aufgrund der Starken nachfrage nach Habanos liegen die Zigarren hier nur kurze Zeit. Das ist auch der Hauptgrund, warum Habanos nach dem Kauf noch nicht ihre volles Aroma entfalten und einer längeren Nachreifephase im heimischen Humidor bedürfen. Premiumzigarren aus anderen Herkunftsländern (Padron, Laura Chavin usw.) werden in der Manufaktur einer mehrjährigen Reifelagerung unterzogen.
Fertigstellung
Farbauswahl
In der „Escogida“ (Auslese) werden die Blätter zuerst nach Farben und Farbtönen in einem Muster von Spalten und Reihen gruppiert, wobei es leicht über 60 Schattierungen geben kann. Es wird sehr sorgfältig darauf geachtet, dass alle Zigarren in einer Kiste exakt den gleichen Farbton haben. In einer zweiten Auswahl werden die Zigarren innerhalb jeder Farbschattierung ausgewählt und in der Kiste von dem dunkelsten Farbton bis zum hellsten von links nach rechts angeordnet.
Anillado
Anillador wird die Person genannt, die sehr sorgfältig den Ring (Bauchbinde) um jede Zigarre legt und diese wieder in die Kiste zurücklegt, wobei immer die vom Escogedor vorher festgelegte Reihenfolge eingehalten wird. Sämtliche Ringe werden genau ausgerichtet und die vom Escogedor gewählte Vorderseite respektiert.
Fileteado
Die Habanoskisten werden in Handarbeit dekoriert. Die Originaldekorationen heißen „Habilitaciones“ und wurden in Cuba zum ersten Mal verwendet. Jedes Etikett hat seinen eigenen Namen und einige werden erst nach dem Füllen der Kiste angebracht.
Die Methode der Tripa Corta
Die beim Zuschnitt der Zigarren mit langer Einlage (Tripas larga) von den Wickeln abgeschnittenen Blattreste werden mit anderen ausgesuchten und zugeschnittenen Blättern kombiniert, um die Mischungen für Habanos de Tripa corta zu schaffen. Der Zigarrenroller rollt die Einlage mit Hilfe eines flexiblen Tuches – das an seiner Werkbank befestigt ist und ihm dabei hilft, einen festen Wickel zu formen – in das Umblatt ein. Das Deckblatt wird anschließend von Hand auf traditionelle Weise angebracht.
Auch diese Zigarren werden vollständig von Hand gefertigt.
Die maschinelle Herstellung einer Havanna-Zigarre
Seit den fünfziger Jahren werden einige Habanos auch maschinell gefertigt. Es kann sich dabei sowohl um Habanos Tripa Larga wie auch um Habanos Tripa Corta handeln, immer aber sind es Zigarren kleinerer Formate. Der hierfür verwendete Tabak kommt ausschließlich von Vegas Finas de Primera aus dem Gebiet der Vuelta Abajo.
Die maschinelle Herstellung von Havanna-Zigarren ist kostengünstiger als die reine Fertigung von Hand; sie können daher preiswerter sein.